Seit Anfang Jahr hat die Gemeinde Muri bei Bern mit Jan Köbeli einen neuen Gemeindepräsidenten. Im Interview mit den «Lokal-Nachrichten» spricht der «GP» über seinen Start, seine Einarbeitung ins Amt als Quereinsteiger und die grossen Herausforderungen von Muri-Gümligen.

«Lokal-Nachrichten»: Seit Anfang Jahr sind Sie Gemeindepräsident von Muri bei Bern. Was haben Sie am Montag als allererstes gemacht?
Jan Köbeli: Es war ein bisschen wie der erste Schultag (lacht)! Ich habe meinen Arbeitsplatz eingerichtet, mich mit der Technik vertraut gemacht und während eines Rundgangs alle meine neuen Kolleginnen und Kollegen in der Gemeindeverwaltung kennengelernt.
Und es ging mit einem vollen Programm weiter…
Allerdings! Am Nachmittag standen dann bereits Termine mit Fachmitarbeitenden auf meiner Agenda, die mich über dringliche Geschäfte orientiert haben. Denn noch am gleichen Abend stand bereits die erste Gemeinderatssitzung auf dem Programm, wo diese Geschäfte traktandiert waren – ein spannender und intensiver Start.
Sie sind ein Quereinsteiger, wie haben Sie sich in den letzten Monaten auf das Amt als vorbereitet?
Ich habe die Zeit seit meiner Wahl im Juni intensiv genutzt. Ich habe mich mit erfahrenen Gemeindepräsidenten aus Köniz und Wohlen getroffen und mich über die Abläufe und Herausforderungen in ihren Gemeinden ausgetauscht. Ich habe viele Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Parteien und den Einwohnerinnen und Einwohnern von Muri-Gümligen geführt. Besondershilfreich waren dann die Gespräche mit den Abteilungsleitenden im Dezember. Sie haben mir einen super Einblick in die laufenden Projekte gegeben. Natürlich habe ich mich auch intensiv in verschiedene Akten und Reglemente eingearbeitet, um die Gemeinde und ihre Herausforderungen noch besser kennenzulernen.
Anders als Ihre Vorgänger haben Sie wenig politische Erfahrung. Das kann ja auch ein Vorteil sein…
Absolut! Ich bringe einen frischen Blick von aussen mit und kann unvoreingenommen an die Themen herangehen. Das ermöglicht es mir, eingefahrene Prozesse zu hinterfragen und neue Impulse zu setzen. Gleichzeitig möchte ich Bewährtes erhalten und die Stärken von Muri-Gümligen weiter ausbauen. Ich bin überzeugt, dass man als Führungskraft Menschen um sich braucht, die mehr Erfahrung und Wissen
haben als man selbst. Davon profitiere ich als Quereinsteiger natürlich besonders.
Die Gemeinde Muri bei Bern wurde bisher ausschliesslich von bürgerlichen Gemeindepräsidenten geführt. Damit hat sie sich von anderen Gemeindender Region und namentlich der Stadt Bern abgehoben und sich deutlich positioniert. Werden Sie die «Marke Muri» in gewohnter Form weiterführen?
Die «Marke Muri» steht für stabile Finanzen, attraktive Steuerpolitik und hohe Lebensqualität. Diese Stärken will ich erhalten. Gleichzeitig möchte ich Muri-Gümligen als offene und zukunftsorientierte Gemeinde weiterentwickeln. Mir ist ein konstruktiver Dialog mit allen politischen Kräften und der Bevölkerung wichtig – aber auch mit dem Kanton und den umliegenden Gemeinden. Nur mit einem konstruktiven Miteinander können wir mehrheitsfähige Lösungen erarbeiten.
Viele Personen werden jetzt mit Wünschen und Erwartungen auf Sie zukommen. Wie werden Sie sich einen Überblick verschaffen?
Es ist wichtig, dass die Menschen in unserer Gemeinde gehört werden und sich einbezogen fühlen. Gleichzeitig muss die Politik klar und einfach informieren, damit sich die Menschen eine Meinung bilden können. Wenn das der Fall ist, werden es wichtige, kommende Projekte an der Urne einfacher haben. Zudem scheint mir zentral, dass wenn wir Erwartungen und Wünsche in politische Projekte umsetzen, dass diese für möglichst viele Menschen in unserer Gemeinde einen Mehrwert bieten.
Welches sind Ihre ersten Prioritäten?
Die wichtigste Aufgabe ist die Erarbeitung eines soliden Budgets. Wir müssen die anstehenden Investitionen – Stichwort Sanierung unserer Schulhäuser – mit den finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde in Einklang bringen. Im Bereich Raumplanung wollen wir die Projekte «Lischenmoos» und «Fünf-Egg» vorantreiben, neuen Wohnraum, Begegnungszonen und mehr Platz für’s Gewerbe schaffen. Und natürlich muss der neu gewählte Gemeinderat als Team zusammenwachsen. Hier sehe ich mich als Teamplayer und Moderator. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit meinen sechs Kolleginnen und Kollegen. Ich bin überzeugt, dass wir ein sehr
gutes Team werden.
Was ist Ihnen dabei persönlich besonders wichtig?
Wir stehen vor grossen Investitionen, die eine umsichtige Finanzplanung erfordern. Ich wünsche mir, dass Muri-Gümligen seine sehr gute finanzielle Situation behält. In der Raumplanung möchte ich möglichst viele Interessen berücksichtigen und Lösungen finden, die von einer breiten Mehrheit getragen werden. Und angesichts der bevorstehenden Herausforderungen ist es wichtig, dass wir die Bürgerinnen und Bürger transparent und ausreichend informieren und sie in die Projekte miteinbeziehen.
Welches sind die grössten «Baustellen», die auf die Gemeinde Muri bei Bern im Jahr 2025 zukommen?
Nun ja, wie eben schon erwähnt, wird uns als allererstes das Budget beschäftigen, über welches die Bevölkerung im Februar abstimmen können wird. Ohne Budget in eine neue Legislatur zu starten, ist nicht ideal. Ich hoffe sehr, dass wir hier rasch eine Lösung finden, damit wir endlich Planungssicherheit haben. Ein wichtiges Thema wird nächstes Jahr auch die neue Gemeindeordnung sein, quasi unsere Verfassung. Der Gemeinderat hat sie in den letzten Jahren erarbeitet, der Grosse Gemeinderat hat sie Ende 2024 verabschiedet und nun kann die Bevölkerung darüber abstimmen. Dann wird uns auch der weitere Ausbau des Fernwärmenetzes beschäftigen. Ein tolles Projekt, das unseren ökologischen Fussabdruck verbessert.
Da kommt einiges auf Sie zu. Auf was freuen Sie sich besonders?
Neben den spannenden Projekten freue ich mich vor allem auf die Begegnungen mit den Menschen in unserer Gemeinde! Ich bin gespannt, was sie bewegt und wie wir Muri-Gümligen gemeinsam gestalten können.
… und auf was weniger?
Ich gebe zu, die vielen E-Mails und Aktenberge sind nicht unbedingt meine Lieblingsbeschäftigung (lacht). Ich bin lieber unter Menschen und tausche mich aus. Aber keine Sorge, auch das werde ich schaffen – zum Glück habe ich ein tolles Team, das mich unterstützt.
Interview: Peter Pflugshaupt